Montag, 15.11.10
Sind schon drei Wochen vergangen, seit dieser gruseligen Jagdaktion....und ich muss schon sagen...es sitzt uns beiden noch arg in den Knochen..oder eher im Kopf.
Claudia hat sich nun wieder ganz gut erholt, bis auf ein paar Restprobleme, die noch ne Weile anhalten werden. Diese Aktion hatte uns nervlich doch schon mehr mitgenommen, als wir erst mal meinten.
Ich war seither nicht mehr reiten und fand auch ...leider...immer genügend Ausreden.
Eine Woche nach der Hunde-Verfolgung waren wir dann erst mal einen längeren Spaziergang mit den Pferden machen..wir wollten erst mal schauen, wie sie im Wald auf die Geräusche reagieren...um diese Jahreszeit raschelt es ja überall ..und der Wind bläst auch alle Blätter und Äste mal durch die Gegend. Auch ihre Reaktion auf Hunde wollten wir erst mal vom Boden aus beobachten.
Aber beide Pferde waren , wie eigentlich erwartet, recht cool...so wie sonst auch immer.
Wenn am 1. November bei uns am Stall die Weiden geschlossen werden, wird ja auch immer ein kleines Fest veranstaltet..morgens gehen wir in Gruppen ausreiten..anschließend gibts dann ne leckere Suppe, die unser SB kocht und nachmittags Kaffee und Kuchen und gemütliches Beisammensein.
Aber die Tage zuvor lief schon mein Kopfkino...Claudia war eh noch nicht fit...und ein paar andere Pferde durften krankheitsbedingt noch nicht geritten werden. So kam mir dann die Idee...weil ich immer noch nicht bereit war, mich aufs Pferd zu setzen, dass wir einen geführte Invaliden-Spaziergruppe machten.
So konnten dann alle Pferde, die nicht geritten werden durften, wohl aber geführt werden, und solche , deren Besitzer keine Zeit an dem Tag hatten, und auch die Reiter, die gesundheitlich angeschlagen waren, gemeinsam mit den Pferden was unternehmen.
Die Reitschul-Mädels waren ja auch da...und so war dann tatsächlich die "Invaliden"-Gruppe größer, als die der reitenden Gruppe.
So hatten wir dann alle unseren Spaß, und fast alle Pferde aus dem Stall waren zusammen unterwegs.
Claudia war dann letzte Woche erst mal wieder mit ihrer Moon allein ausgeritten...eigentlich wollte ich da schon mit...aber ich konnt mich so gar nicht überwinden...und fand natürlich wieder tausend Ausreden...mein Kopfkino spielte schon dolle mit....
Als sie dann aber vom Ausreiten zurück kam, war sie nicht sonderlich begeistert und eher gestresst. Sie berichtete, dass ihr Pferd sehr unruhig war, vor allem möglichen scheute, und sie auch sehr konzentriert sie zurück halten musste...insgesamt nicht wirklich entspannend...okay..ich war dann doch froh, dass ich nicht mit war.
Nun kam der 11. November...St. Martin..ich hatte ja mal wieder zugesagt, als ich ein paar Wochen zuvor wieder gefragt wurde...aber echte Lust hatte ich nicht...schon grad wegen dem Fußmarsch von einer Stunde hin und zurück....Da mich ja zwei Mädels auf dem Weg begleiten, zur Sicherheit und auch um im Dunkeln die Autos anzuhalten, wenn wir die Straße überqueren müssen, laufe ich natürlich auch..
Für diesen Tag war starker Regen und Sturmböen von 40 km/h gemeldet...ein Grund mehr für mich, unseren St. Martin samt Pferd ausfallen zu lassen...meine Lust und Motiviation sank gegen Null.....
Pünktlich um 16 Uhr...als ich zum Stall musste, um Bonny herzurichten, satteln, und mein Kostüm anzuziehen, .......fing es leicht an zu regnen...ich war schon drauf und dran , anzurufen, und abzusagen...
Dennoch fuhr ich los...eingepackt in eine Jeans, Winterüberziehreithose, Baumwollpullover, Fleecepulli, Fleeceweste und dicke Winterjacke..
Am Stall war ich immer noch nicht willig...und zückte schon den Zettel mit der Telefonnummer...
Aber.......die beiden Mädels, die extra gekommen waren, und sich auch schon riesig auf den Tag gefreut hatten, überredeten mich und waren voll entschlossen, auch bei Regen den langen und weiten Weg auf sich zu nehmen.
Also okay...dann beeilten wir uns, Bonny zu putzen, satteln und Hufschuhe anziehen...gerade fertig, rief mich dann der Organisator des Umzuges an, fragte, ob wir es nicht doch besser absagen wollten, wegen dem Wetter......nein...wir kommen...!!
Es ging dann los, schon fast war es dunkel...Bonny war recht flott im Schritt, im Gegensatz zu sonst...Als wir dann an der Kirche ankamen...war ich ganz schön außer Puste...wir mussten noch eine halbe Stunde warten. Der Pastor wollte nicht mtlaufen...weil seine Kutte oder dingsda, wie das heißt, zu nass werden würde
so hat er dann wohl in der Kirche all das gesungen, was er sonst auf dem Weg zum Martinsfeuer trällert. Wir waren alle drei samt Pferd pitschenass..außer der Sattel..den hatte ich mit einem dicken Leintuch das ich zusammengerollt hatte und einem Sattelschoner, der drüber gezogen war, geschützt. Es regnete immer mehr...der Wind ging immer mehr......und meine Nervosität stieg immer mehr Schon war ich am Schimpfen, dass ich nun gleich doch mit Bonny in die Kirche reinstapfe, zum Altar, dort könne Bonny den Messwein leersaufen..vielleicht hört der Pastor dann endlich mal auf.Als die Kirche dann endlich zu Ende war wollte ich gar nicht aufsteigen...ich hatte immer noch Kopfkino...dachte mir, dass sie vielleicht doch dieses Mal nicht diese Ruhe beim Umzug zeigt, wie sonst...ich malte mir mal wieder alles mögliche aus..und war schon am Punkt , dass ich lieber führen wollte...
Aber...ich bin dann doch noch aufgestiegen...und sofort merkte ich, als Bonny die Menschen sah, das Polizeiauto mit seinem Blinklicht, die Laternen und das freudige Rufen der Kinder, die den St. Martin erkannten...dass Bonny die Ruhe selbst war....klar...sie hatte mal wieder ihre Zuschauer ...ein kleines ADHS-Pony, das unter Aufmerksamkeit zu Höchstformen aufläuft. Bonny fand das mal wieder super klasse..lief total entspannt und ruhig in ordentlichem Schrittempo den Weg...bis zum Turnplatz..wo das Feuer gerade entzündet wurde.
Es waren nicht so viele Leute wie sonst da...etwa nur ein- oder zweihundert ,..die Jahre zuvor waren das immerhin 1.000. Sie schritt ganz langsam in kurzen kleinen Schritten, zwischen den Menschen durch, zum Feuer hin, wir umrundeten noch einmal das Feuer und gingen wieder vom Platz runter, zwischen den ganzen Leuten, mit Laternen-tragenden Kindern und stellten uns dann dazwischen, so dass auch einige Kinder näher kommen konnten, und Bonny streicheln, bewundern und anschauen konnten. Ein wahrer Genuss für das Bonnytier.
Aber diesmal wollte sie nicht so lange bleiben...und fing auch dann an , zu scharren...immer energischer...und da wir selber schon klatschenass waren..und der Regen immer noch nicht nachließ, verließen wir auch dann bald den Platz..und ritten zum Parkplatz hin, wo meine Tochter das Auto geparkt hatte. Dort kam dann alles , was für den Rückweg nicht mehr benötigt wurde, hinein....Sattel, Panzerausrüstung, Umhang, Helm...und Bonny bekam die mitgebrachte Abschwitzdecke aufgelegt..damit sie auf dem Rückweg wenigstens ein bisschen abgetrocknet ist...obwohl das einem Offenstallpferd wohl weniger ausmacht...aber doch eine leichte Anstrengung ist..und die Kombination von Regen, Wind und warmem Pferdkörper lädt ja zu Krankheitsproblemen geradezu ein.
Wir waren dann froh, als wir gegen 20 uhr wieder am Stall ankamen...Bonny wurde noch schnell versorgt und dann wieder zu den anderen Pferden gestellt, wo sie dann endlich ihr Heu fressen konnte.
Gestern hatte Claudia dann sich wieder verabredet zum Ausreiten...erst wollte ich nicht...aber als dann gestern doch die Sonne so schön schien und es recht warm war...fragte ich dann doch nach, welche Uhrzeit denn Treffpunkt wäre....ich wollte wirklich..ja doch.........aber als ich dann eine Stunde zuvor ne Einladung zu nem Stadtbummel und Kaffeetrinken.....nahm ich das dann doch lieber an........neee , mir war immer noch nicht wirklich zum Ausreiten zumute....
Ich kam dann gegen halb sechs zum Stall..und Claudia gerade vom Ausritt zurück...wieder leichenblass..und total gestresst...ihr Pferd war diesmal noch hektischer...noch unruhiger, so dass sie sich von den anderen trennen musste, und doch wieder zurück reiten musste..auch diesmal meinte sie, es wäre doch besser gewesen, dass ich nicht mit war und sie selber ist auch nervlich noch sehr angeschlagen von dieser Aktion mit dem Hund...fühlt sich so gar nicht wohl...
so langsam müssen wir wohl doch was tun, um die Ängste wieder abzubauen...wobei ich weniger Bedenken mit Bonny habe...die verhält sich sicher wieder ordentlich..aber wenn ich mir selber vorstelle...dass ich mich aufs Pferd setze...in den Wald reite...auch wenn Bonny cool bleibt.......es läuft in meinem Kopf einfach wieder alles ab...ich muss mir wirklich wieder sehr viel Mut fassen. Nicht dass ich mich gar nicht trauen würde..aber dieses unwohle beklemmende Gefühl , das mir selbst bei einem ruhigen Pferd wie Bonny dann fast die Luft nimmt..kenn ich noch sehr gut, aus den Anfangszeiten, als ich gerade noch am Lernen war...das ist Adrenalin pur...zum glück aber ist Bonny kein Pferd, das dieses dann ausnützt..und man kann auch nicht sagen, dass sich dann meine Angst und Nervosität aufs Pferd überträgt....im Gegenteil...in solchen Situationen hat Bonny das nie ausgenutzt und war besonders ruhig und gelassen geblieben...
Allerdings ist uns auch nie sowas passiert..Ich denke schon, ich wär doch lieber gleich vom Pferd gefallen...und hätte nicht diese 2 km erfahren müssen, wie es ist, wenn man keinerlei Einwirkung mehr hat, weder auf Tempo noch auf Lenkung....und man nicht weiß, wann es ein Ende nimmt. Klar, wenn man runterfällt...man tut sich weh...aber dann kann man sich auch ein bisschen die Mitschuld dafür geben..sich sagen, dass man die Beine nicht fest am Pferd hatte, das Gleichgewicht verloren...man sieht nur die Pferde weiter laufen...aber man hat nicht dieses Gefühl des Kontrollverlustes....das war eigentlich schon immer eines meiner größten Bedenken, und ein Grund, warum ich anfangs den Galopp verweigerte...
Aber........auch das werden wir wieder schaffen.