Kohlenhydratassoziierte Hufrehe als
extraintestinale Erkrankung caecaler Genese“
PD Dr. Annette Zeyner, Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig,
zeyner@vetmed.uni-leipzig.de Den experimentellen Beweis für den Zusammenhang zwischen Kohlenhydratüberfütterung, caecaler Acidose und akuter Hufrehe erbrachten Garner et al. (1975) bzw. Pollitt und van Eps (2002) nach Zwangsfütterung von 15 g Maisstärke bzw. 7,5 g Fructan (Raftilose) pro Kilogramm Lebendmasse (LM). French und Pollit (2004) zeigten, dass die einmalige orale Verabfolgung von 7,5, 10 und 12 g Oligofructose (OF) pro Kilogramm LM an Pferde innerhalb von 48 Stunden zur akuten Hufrehe führt. Die Untersuchung der Hufwand nach Euthanasie verwies auf einen OF-Dosis-abhängigen Verlust lamellärer Hemidesmosomen in den epidermalen Sekundärlamellen. Ohne die akkurate Anordnung der Hemidesmosomen kommt es zur Adhäsionstrennung zwischen Lamina densa der Basalmembran und den epidermalen Basalzellen. In dieser Studie nahmen die rehetypischen ultrastrukturellen Veränderungen im Schweregrad ebenfalls in Abhängigkeit von der OF-Dosis zu. Moore et al. (2004), Budras und König (2005) sowie Mülling und Budras (2005) äußerten sich zusammenfassend über Strukturen caecaler Genese, welche nach erleichterter Translokation durch eine inkompetente Darmschranke (Weiss et al. 1998) über vasokon-striktorische oder toxische Effekte, auch über die Aktivierung digitaler Metalloproteinasen, zur Auslösung einer akuten Hufehe führen können. So ist bezüglich der Mikroflora die fortgeschrittene Dickdarmacidose beim Pferd durch den weitgehenden Zelltod Gram-negativer Bakterien und die Zunahme Gram-positiver Keime charakterisiert, wobei Streptococcus bovis zu dominieren scheint. Pathognomotisch sind pyrogenes Exotoxin B von Streptococcus bovis, Endotoxine sowie vasoaktive Substanzen wie bestimmte biogene Amine caecaler Genese von Interesse. Im Dickdarm werden diese durch Dekarboxylierung von Aminosäuren durch Gram-positive Bakterien (Laktobacillen, Streptokokken) freigesetzt (Bailey et al. 2004), wobei bereits bei klinisch unauffälligen Pferden allein Gras- gegenüber Heufütterung die Konzentration bestimmter biogener Amine im Caecuminhalt erhöht (Bailey et al. 2003). Insgesamt stellt sich die sog. Fütterungsrehe als multifaktorielles, äußerst komplexes Geschehen dar, dessen Verständnis sich noch in weiten Teilen entzieht.