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EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes

28.08.2008, 21:43

EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes


Sie starrte die Wand an. Minutenlang. Sie wirkte vollkommen abwesend, fast dachte man, sie schliefe. Doch sie schlief nicht. Im Gegenteil: Sie spürte ein starkes Verlangen, zu rennen. Einfach nur um ihre Kraft zu spüren. Doch da es hier nicht ging, stand sie nur da, während man ab und zu ihre Muskeln unter der Haut zucken sah. Schließlich bemerkte sie etwas Warmes auf ihrem Rücken. Es war die Sonne, die durch ein kleines Fenster fiel. Sie hatte das Bedürfnis ihren Körper in der Sonne zu wärmen, doch sie wusste, dass das Fenster viel zu wenig Sonnenlicht durchließ, um ihren ganzen Körper zu bedecken. Schließlich drehte sie sich doch um, schwerfällig und langsam. Ihre Beine waren so steif und fühlten sich irgendwie schwer und geschwollen an. Sie wusste nicht, warum das so war. Sie konnte sich nicht erinnern, dass es sich früher jemals so angefühlt hatte. Mühsam reckte sie den Hals um durch die vom Schmutz trübe Scheibe zu blicken.

Sie hasste die Scheibe. Warum riss man sie nicht einfach heraus, so dass wenigstens frische Luft hereinkäme? Und Sonne. Und vielleicht sogar Wind und Regen. Selbst das vermisste sie hier drin. Am Anfang hatte sie sich noch gewehrt. Sie war trotz der Enge hin- und her gelaufen, bis ihr die Beine schmerzten und ihr schwindelig wurde. Sie hatte gegen die Tür geschlagen und sich gewundert, warum es ihr kein Anderer gleichtat. Sie hatte protestiert. Doch irgendwann resignierte auch sie. Sie wusste nicht, warum sie hier drin war. Und noch schlimmer: Sie kam hier nicht raus.

Wieder überkam sie die Müdigkeit. Es war seltsam. Obwohl sie den ganzen Tag kaum körperliche Arbeit leisten musste, fühlte sie sich kraftloser als je zuvor. Sie hätte sich gern hingelegt, doch der Boden war dreckig. Sie ekelte sich davor. Sie trat von einem Bein aufs andere, nahm, nur um sich zu beschäftigen, etwas von der letzten Mahlzeit, die ihnen gebracht worden war, aber es schmeckte ihr nicht. Es war nicht das Gleiche wie draußen. Sie seufzte tief und lang. Dann hob sie den Kopf. Hinter der gekalkten Wand hörte sie ein Geräusch. Sie überlegte, ob sie Kontakt aufnehmen sollte, doch sie wusste, dass das so gut wie sinnlos war. Die Mauer war hoch. Nur oben war ein schmaler Spalt gelassen. Sie sehnte sich so nach den Anderen. Neben dem Eingesperrtsein war das Alleinsein das Schlimmste.

Ab und zu ging jemand vorbei. Die Vorderseite war vergittert. Lange Eisenstangen. Bestimmt 50 Stück nebeneinander. Es machte einen wirr, hindurch zu sehen. Sie hatte sich erst daran gewöhnen müssen. Von dort wurde ihnen das Essen gebracht. Nach dort war der einzige Weg raus. Aber die Tür wurde von außen verschlossen und sie konnte sie nicht öffnen. Sie ließ ihren Kopf sinken. Er war so schwer. Da hörte sie Schritte.

Zwei Menschen näherten sich. Und blieben schließlich vor ihr stehen. Es war ein Vater mit seinem Kind. "Schau Lisa. Ist das nicht ein schönes Pferd? Möchtest du es mal streicheln?" Das Mädchen guckte interessiert in die Box und fragte schließlich: "Papa. Das ist genauso ein Gitter, wie im Gefängnis, stimmt’s?" Der Mann umfasste eine der Eisenstangen. Er sah die blassen Schatten, die die wenigen Sonnenstrahlen auf die Stallgasse warfen. Er begann zu verstehen, was eigentlich offensichtlich war.


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Re: EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes

28.08.2008, 21:48

*nichtsdazuzusagen*

:(

Re: EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes

29.08.2008, 05:47

Mein Gott, wie Recht die Autorin hat. Diese Zeilen sollte man vielleicht mal in den Ställen aushängen, wo die Pferde so gehalten werden..... :cry:

Re: EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes

29.08.2008, 07:04

So traurig - und wenn man bedenkt WIE VIELEN Pferden es genau so geht...

Re: EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes

29.08.2008, 07:58

*grummel*

Ich bin ja eh nicht der Fan von Einzelboxen. Offenställe oder Laufboxen sind artgerecht. Alles andere... nur unter besten Bedinungen (täglich viel Bewegung, Koppelgang, frische Luft, große, helle Box) UND das sollte doch für jeden selbstverständlich sein!

Ist echt gut beschrieben!!!

Re: EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes

29.08.2008, 09:55

Da kommen mir sogar die Tränen... :weißnich:

Re: EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes

29.08.2008, 10:03

Da gab es doch vor zig-Jahren mal
"Ein Tag im Leben eines Boxenpferdes"
in der Freizeit im Sattel.
War fast noch besser.
Aber ich find es im Netz grad nicht.

Re: EINGESPERRT – Gedanken eines Pferdes

30.08.2008, 13:04

Ach das ist so schön....und doch so traurig!

Leider auch die wahre realität! Pferde die so gehalten werden und nie Freiheit erleben dürfen, können einem einfach mehr als leid tun.....das ist so traurig.....

:cry:
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