Vitamin B 12Der Sportler unter den Vitaminen Das Pferd ist – im Gegensatz zum Menschen – selbst in der Lage, B-Vitamine mit Hilfe seiner Dickdarmbakterien zu synthetisieren. Voraussetzung dafür ist der fermentative Abbau von Ballaststoffen mit Hilfe unzähliger Mikroorganismen. Diese leben und gedeihen im Blind- und Dickdarm des Pferdes, spalten Zellulose, Pektin und andere rohfaserhaltige Futterkomponenten in energiereiche flüchtige freie Fettsäuren und liefern im Gegenzug wertvolle B-Vitamine an das Pferd.
Geschichte des B12Eines dieser B-Vitamine ist von ganz besonderer Bedeutung. Es ist das Vitamin B12, auch bekannt unter dem Namen Cobalamin. Unter dem Sammelbegriff Cobalamine wurde Vitamin B12 als letztes der heute bekannten Vitamine entdeckt. Dazu hat eine Mangelerkrankung, die Addison´sche perniziöse Anämie (Blutarmut), beigetragen. Sie wurde beim Menschen zu Beginn des 19. Jahrhunderts erstmals beschrieben. Rund 100 Jahre behandelte man daran Erkrankte erfolgreich mit Rinderleber. Doch erst zu Beginn der 50er Jahre entdeckten Forscher, dass das darin enthaltene Vitamin B12 ein auslösender Faktor für die Heilung war. 1955 wurde die Struktur von Vitamin B12 geklärt, seit 1960 kann es synthetisch hergestellt werden.
EigenschaftenVitamin B12 ist in Wasser nur wenig löslich, es ist relativ luft- und wärmestabil, reagiert aber empfindlich auf die Einwirkung von Licht und UV-Strahlung. B12 lässt sich jedoch gut im Körper speichern.
Nicht ohne CobaltIm Gegensatz zu anderen Vitaminen des B-Komplexes benötigt Vitamin B12 jedoch ein Spurenelement-Atom, um vollständig aufgebaut zu werden. Es ist, wie der Name Cobalamin vermuten lässt, das Spurenelement Cobalt. Ohne Cobalt ist eine körpereigene Bildung des Vitamins B12 für das Pferd nicht möglich. In der Natur kommt Cobalt in einer Reihe von Erzen vor. In reiner Form nur in Meteoriten, die die Erde getroffen haben.
Aufnahme von B12 durch die NahrungVitamin B12 ist in normaler pflanzlicher Kost nicht enthalten, daher haben es Vegetarier (dazu gehören die Pferde nun einmal) schwer, Vitamin B12 durch die Nahrung direkt aufzunehmen. Eine Ausnahme stellen – mit Hilfe von Bakterien oder Hefen - vergorene Lebensmittel dar. Was beim Menschen Sauerkraut und Joghurt bewirken, wird in der Pferdeernährung im Falle von Vitamin B12 beispielsweise durch Silage erfüllt. Ansonsten dienen Bierhefe, Malz oder manche Algen als B12 –Lieferanten. Ebenso ist durch aufgenommene Verunreinigungen (Erde, Schmutz) eine Aufnahme möglich, was die B12-Versorgung von Vegetarieren in Drittländern erklärt. Das Pferd ist von Natur aus auf eine körpereigene Produktion von Vitamin B12 im Dickdarm angewiesen. Dies stellt jedoch für ein gesundes Pferd mit natürlichen Haltungs- und Fütterungsbedingungen kein Problem dar. Ausreichend gesunde, also nicht mit Schimmelpilzen oder Schadbakterien kontaminierte Rohfaser wie Heu oder Stroh sind die Basis für eine gesunde Dickdarmflora. Sind die Darmbakterien beschäftigt, Rohfaser zu fermentieren, liefern sie im Gegenzug B-Vitamine an das Pferd. Eine entsprechende Cobaltversorgung vorausgesetzt. Falls ein Mangel entsteht, zeigt sich dieser leider erst ein paar Jahre später.
WirkungZu den Hauptaufgaben von B12 gehört die Beteiligung an der Blutbildung. Es wird als das „Sportlervitamin“ bezeichnet, weil es unter anderem die Bildung knackiger roter Blutkörperchen fördert, die schnell und gewandt Sauerstoff bis in die kleinsten und entferntesten Blutkapillaren befördern. Vitamin B12 ist eng an den Stoffwechsel eines anderen B-Vitamins, der Folsäure, gebunden und indirekt an der Synthese von Eiweißstoffen und Nukleinsäuren (Bildung der Erbsubstanz, DNA, RNA) beteiligt. Damit ergeben sich ein Einfluss auf das Wachstum und die Zellteilung bzw. -reifung. Ebenso ist die Bildung von L-Carnithin zur Verbesserung der Muskelbildung an Vitamin B12 gekoppelt.
Vitamin B12 trägt über ein Enzymsystem zur erwünschten Umwandlung der Aminosäure Homocystein in Methionin bei. Homocystein gilt nach neueren Forschungen als Risikofaktor bei der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Krankheiten. B12 ist nötig für die Bildung der DNA und der Myelinschicht, die die Nervenzellen umgibt. Es steigert die Konzentrationsfähigkeit und Nervenstärke.
MangelerscheinungenEin Mangel beim Pferd geht einher mit einer gestörten Verdauung. Die Ursache sind eine geringe oder qualitativ schlechte Raufutterversorgung oder aber zu hohe Getreiderationen. Ebenso kann ein Mangel an Cobalt zu einer mangelhaften Eigensynthese von Vitamin B12 führen. Mängel zeigen sich in einer gestörten Verdauungsfunktion, Appetitlosigkeit, Blähungen, Leberproblemen und Leistungsabfall. Auch psychische Probleme können auftreten. Der Energieumsatz und der Muskelaufbau sind gestört. Die Darmflora ist beeinträchtigt.
Vitamin B12 and friendsVitamin B12 ist u.a. zusammen mit Vitamin C an der Bildung von L-Carnitin beteiligt, welches maßgeblich an der Muskelbildung mitwirkt. Im Zusammenhang mit dem Spurenelement Zink wird der Appetit auf Raufutter gestärkt. Vitamin B12 unterstützt die Bakterienflora im Dickdarm und verbessert damit die Verarbeitung und Umsetzung von Cellulose, Hemicellulose oder Pektin in flüchtige Fettsäuren. Gemeinsam mit Vitamin B1 und B6 stärkt es die Nervenkraft durch seine Beteiligung an der Produktion von Neurotransmittern und der Bildung der Nervenschicht. Zusammen mit Mangan und Zink ist B12 an der Regeneration der Schleimhäute beteiligt und verbessert die Konzentrationsfähigkeit.
http://www.st-hippolyt.de/futterjournal/200501/b12.htm