Pferd – Fütterung des equinen Patienten Klein & Coenen
147
Diätetik bei Sandaufnahme Sara Klein*, Manfred Coenen Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik, Universität Leipzig
Sandaufnahme bei Pferden Werden Pferde auf der Weide oder auf Paddocks gehalten, besteht die Möglichkeit, dass die Tiere über das Gras oder zugegebenes Futter mehr oder weniger große Mengen Sand und Erde aufnehmen. Diese können das Transportvermögen und damit die Ausscheidungskapazität des Gastrointestinaltraktes überfordern, die Darmschleimhaut irritieren und damit eine Störung der Motilität herbeiführen.
Daraus resultierende Sand- oder Erdakkumulationen im Kolon begünstigen das Entstehen der so genannten Sandkolik. Meist sind dabei die linke ventrale sowie die rechte dorsale Längslage des großen Kolons betroffen, wobei das Lumen der betroffenen Darmabschnitte bis hin zu einer Obstipation verlegt werden kann.
Die für die Ausbildung von klinischen Symptomen erforderliche Menge des angeschoppten Materials variiert von Pferd zu Pferd und kann somit nicht manifestiert werden. Ebenso ist nicht bekannt, ob bei gegebenen Voraussetzungen die Aufnahme von Sand bei allen Pferden einer Herde zur Anschoppung führt (Bertone et al. 1988).
In Studien zur fäkalen Sandausscheidung konnte bei 56,4% der 211 untersuchten Pferde (Isländer) aus insgesamt 19 Gestüten Sand im Kot nachgewiesen werden (Husted et al. 2005).
Die klinischen Symptome variieren ebenfalls, wobei Diarrhöen, infolge der herabgesetzten Motilität, sowie Koliken am häufigsten zu beobachten sind (Bertone et al. 1988; Ruohoniemi et al. 2001).
Diagnostische Maßnahmen reichen von rektaler Palpation und abdominaler Auskultation über Ultraschall und Rötgenaufnahmen des Abdomens bis hin zur Kotuntersuchung. Letztere stellt eine diagnostisch einfache und effiziente Methode dar, bei welcher mittels Aufschwemmung und nachfolgender Sedimentation des Kotes eventuell enthaltene Sandfraktionen festgestellt werden können.
Dabei gelten Mengen von mindestens 5 mm Sediment (Suspension aus 200 g Kot in 1 Liter Wasser) als Minimum, um Sand als mögliche Ursache von gastrointestinalen Störungen zu determinieren (Husted et al. 2005). Auch chemische Untersuchungen des Kotes auf den Gehalt an Rohasche (übliche Gehalte ca. 100 g/kg TS) bzw. Salzsäure unlöslicher Asche (entspricht Sand) können hilfreich sein.
Risikofaktoren Als Risikofaktoren gelten geographische Gegebenheiten mit dem Vorkommen von sandigen Böden sowie Fütterungs- (Fütterung vom Boden, verschmutztes Futter) und Haltungsbedingungen (Haltung auf Sandpaddocks). Weiterhin zu erwähnen sind Hitzeperioden mit nachfolgend trockenen Koppeln, Weidehaltung auf Schwemmland sowie Nährstoffmangel.
Diätetik und ProphylaxeBei Verdacht oder aufgetretener Sandaufnahme sollte die Aufnahme weiterer Sandmengen baldmöglichst unterbunden werden.
Betroffene Pferde müssen primär mit leicht fermentierbaren, qualitativ hochwertigen und sauberen Futtermitteln versorgt werden. Hierzu eignen sich vor allem Heu bester Qualität, z. B. blattreiches Heu des ersten Schnittes, Heulagen oder Grassilgen.
Hartstengelige und schwer fermentierbare Futtermittel ebenso wie die Aufnahme von Stroh aus der Einstreu sollten unbedingt vermieden werden, um den ohnehin in seiner Motilität eingeschränkten Darm nicht noch zusätzlich zu belasten.
Weiterhin können natürliche Schleim- und Quellstoffe aus Hafer und Leinsamen sowie Weizenkleie und Flohsamen (Semen Psyllii) unterstützend eingesetzt werden. Diese wirken als schwache Laxantien, vergrößern das Ingestavolumen und bewirken damit eine Dehnung der Darmwand mit nachfolgender Steigerung der Peristaltik. Die Aufnahme erfolgt mit Flüssigkeit oder bereits vorgequollen.
Leinsamen können ungekocht und geschrotet in Mengen von 120 g an adulte Pferde verfüttert werden. Höhere Mengen müssen vor dem Verfüttern 10 Minuten gekocht werden, um die Zerstörung des Blausäure-freisetzenden Enzyms β-Glucosidase zu gewährleisten.
Weizenkleie wird in Dosierungen von 0,2 kg/100 kg KM gut akzeptiert.
Sehr oft wird auch der Einsatz von Flohsamen (Semen Psyllii) empfohlen.
Hierbei handelt es sich um Samenschalen von Flohwegerich (Plantago afra) oder Indischem Flohsamen (Plantago ovata).
Flohsamen weist ein höheres Quellvermögen als Leinsamen oder Weizenkleie auf und kann in einer Dosierung von 1 g/kg KM oral verabreicht werden (Ungemach 2006).
Die Fütterung sollte sich je nach Schweregrad der Sandanschoppung über 1 bis 3 Wochen erstrecken und kann auch als prophylaktische Maßnahme aller 6 Monate für 3 bis 4 Wochen durchgeführt werden (Edens & Cargile 1997).
Die Wirksamkeit von Flohsamen wird allerdings kontrovers diskutiert.
Bei Untersuchungen zur Effizienz von Flohsamen wurde den Versuchstieren (12 Ponys, 6 Versuchstiere, 6 Kontrolltiere) eine definierte Menge Sand (10 g/kg KM) chirurgisch in das Caecum verbracht.
Nach 11-tägiger Behandlungsdauer (mit/ohne Flohsamen) und anschließender Rückgewinnung des Sandes aus dem Darminhalt der euthanasierten Tiere konnten keine positiven Effekte bezüglich der Eliminierung von Sand aus dem Darm belegt werden (Hammock et al. 1998), Tabelle 1.
Auch aus anderen Studien geht hervor, dass die Verabreichung von Flohsamen keinesfalls den erwarteten Wirkungen entspricht. So erscheint einzig und allein die Fütterung von Heu als adäquate Maßnahme, um Sand aus dem Gastrointestinaltrakt zu befördern.
Dabei konnten für die Gabe höherer Heumengen (2,5% der KM vs. 1,5% der KM) die größten Effekte nachgewiesen werden (Lieb und Weise 1997), Tabelle 2. Große Bedeutung liegt aber vor allem in der Vermeidung und Prophylaxe der Sandaufnahme. Daher ist es ratsam, Pferden, welche auf Koppeln mit spärlichem Bewuchs gehalten werden, Raufutter in entsprechenden Vorrichtungen anzubieten. Gleiches gilt für die Fütterungspraxis auf Paddocks.
Zurück gewonnene Sandmengen (%) von Versuchs- und Kontrollgruppe 11 Tage nach intracaecaler Sandverabreichung (modifiziert nach Hammock et al. 1998) Gruppe caecale Sandmenge Versuchsfutter zurück gewonnene Sandmengen
Kontrollgruppe (n=6) caecale Sandmenge 10 g/kg KM, Versuchsfutter: Mischfutter (1 g/kg KM) , zurück gewonnene Sandmengen 27,4%
Versuchsgruppe (n=6) caecale Sandmenge 10 g/kg KM, Versuchsfutter: Mischfutter (1 g/kg KM) +Flohsamenpellets (1 g/kg KM) +Flohsamenpuder (1 g/kg KM), zurück gewonnene Sandmengen 39,2%
Heu (1,5% des KG), 6 Tage verabreichte Sandmenge (per Nasenschlundsonde) 300 g mittlere Sandauscheidung im Kot 146 g
Heu (2,5% des KG), 6 Tage verabreichte Sandmenge (per Nasenschlundsonde) 300 g mittlere Sandauscheidung im Kot 285 g
Flohsamen (0,5 g/kg KG), 1x/d, 6 Tage verabreichte Sandmenge (per Nasenschlundsonde) 300 g mittlere Sandauscheidung im Kot 177 g
Flohsamen (0,25 g/kg KG), 2x/d, 6 Tage verabreichte Sandmenge (per Nasenschlundsonde) 300 g mittlere Sandauscheidung im Kot 134 g
Keinesfalls sollten Futtermittel hier direkt vom Boden an die Tiere verfüttert werden. Bei Fütterung der Pferde direkt vom Boden auf Paddocks ohne oder mit spärlichem Bewuchs konnte ein signifikant erhöhtes Risiko für vermehrte Sandaufnahme beobachtet werden (Husted et al. 2005). Grundsätzlich sollte auf spärlich bewachsenen Paddocks stets zugefüttert werden, da keine Fütterung auf solchen Paddocks die Sandaufnahme ebenfalls signifikant steigert (Husted et al. 2005). Des Weiteren bedarf es einer adäquaten Salz- und Mineralstoffversorgung, da Mangelerscheinungen bei einigen Pferden geophagisches Verhalten auslösen können und somit eine Prädisposition für Sandanschoppungen im Gastrointestinaltrakt darstellen.
Literatur 1. Bertone JJ, Traub-Dargatz JL, Wrigley RW, Bennett DG, Williams RJ (1988): Diarrhea associated with sand in the gastrointestinal tract of horses. J Am Vet Med Assoc. 193:1409-1412. 2. Edens LM, Cargile JL (1997): Medical management of colic. In: Current therapy in Equine Medicine 4, Hrsg: NE Robinson, WB Saunders Co., Philadelphia. S. 182-193 3. Hammock PD, Freeman DE, Baker GJ (1998): Failure of psyllium mucilloid to hasten evaluation of sand from the equine large intestine. Vet Surg. 27:547-554. 4. Husted L, Andersen MS, Borggaard OK, Houe H, Olsen SN (2005): Risk factors for faecal sand excretion in Icelandic horses. Equine Vet J. 37:351-355. 5. Lieb S, Weise J (1997): A group of experiments on the management of sand intake and removal in equine. Proc. 16th Equine Nutr Phsysiol Symp. S. 257. 6. Ruohoniemi M, Kaikkonen R, Raekallio M, Luukkanen L (2001): Abdominal radiography in monitoring the resolution of sand accumulations from the large colon of horses treated medically. Equine Vet J. 33(1):59-64. 7. Ungemach FR (2006): Magen-Darm-wirksame Pharmaka. In: Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren. 7. Aufl., Hrsg: W Löscher, FR Ungemach, R Kroker, Parey Verlag. S. 205-228
Quelle:
http://www.vetmed.uni-leipzig.de/blaue- ... /Pferd.pdf