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 Betreff des Beitrags: Magengeschwüre beim Pferd
BeitragVerfasst: 15.07.2010, 20:38 
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Zuletzt geändert von nino1601 am 07.10.2010, 20:24, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Magengeschwüre beim Pferd
BeitragVerfasst: 15.07.2010, 23:22 
Quelle: Tierklinik Schierling, Schierling www.tierklinik-schierling.de

Magengeschwüre – keine Seltenheit bei Pferden!

Wie kommt es zu Magenulzera, wie äußert sich diese Erkrankung und was kann man dagegen tun?

Jeder Züchter hat oder hatte - oft ohne es zu wissen - selbst Pferde und Fohlen mit Magengeschwüren. Jedes zweite Fohlen leidet darunter, jedes zweite Turnierpferd, fast jedes Rennpferd. Auch Zuchtstuten und Hengste im Deckeinsatz sind davor nicht verschont.

Magengeschwüre sind mehr oder weniger tiefe, manchmal blutende Krater in der Magenschleimhaut, die aus durch Säureangriff entzündetem und schließlich abgestorbenem Schleimhautgewebe entstehen.

Sind von außen keine Krankheitsanzeichen zu sehen, heilen diese Geschwüre mehr oder weniger schnell, wahrscheinlich mit dem einen oder anderen „Unwohlsein" meist wieder von alleine ab. In manchen Fällen entstehen jedoch großflächige oder sehr tiefe Läsionen, die selbst zu keiner Heilung finden. Selten (1,3% beim Fohlen) gräbt sich das Geschwür durch die Magenwand, aber dann ist das Todesurteil für das Pferd gesprochen. Der salzsäurehaltige Mageninhalt verteilt sich auf den gesamten Bauchraum, die Pferde versterben innerhalb kürzester Zeit im Schock.

Eine berechtigte Frage ist allerdings, warum gerade Freizeitpferde, Stuten oder Hengste in der Zucht oder sogar Fohlen Magengeschwüre haben sollen. Man kennt das ja vom Menschen – „Stress und Magengeschwüre - Managerkrankheit". Bei Turnier- und Rennpferden kann man sich psychische und physische Belastungen gut vorstellen, aber warum sollen gerade Fortpflanzung oder Kinderstube so stressig sein? Es scheint doch eher ein entspanntes Leben zu sein. Aber man denke nur an Stress beim Absetzen der Fohlen, bei Rangordnungskämpfen, Stuten- bzw. Hengstleistungsprüfungen, bei Körung, Auktionen oder Zuchtschauen, eventuell bei Turnieren und bei gefragten Hengsten auch an „Deckstress". Aber Stress ist nur einer von vielen Faktoren. Zusätzlich muss man bei Entstehungsursachen und Symptomen zwischen Fohlen und Pferden ab dem Alter von einem Jahr unterscheiden.

Magengeschwüre bei Fohlen:

Bei Fohlen spielt die Reifung des Magen-Darmsystems eine entscheidende Rolle. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen haben 40% der Fohlen in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt Reizungen der Schleimhaut oder ein kleines Magengeschwür, denn die Innenauskleidung des Magens ist nach der Geburt im Vergleich zum erwachsenen Pferd noch sehr dünn. Hinzu kommt, dass der „Neugeborenenmagen" sich erst noch an die Magensäure gewöhnen muss. In den ersten Lebenstagen ist der pH-Wert noch relativ hoch, jedoch sinkt er etwa ab dem 7. – 14. Tag rapide. Das zu diesem Zeitpunkt noch unreife Magenepithel ist noch nicht so widerstandsfähig gegen die Säure und es kann so zu den Geschwüren und Reizungen kommen. Nach zwei bis drei Monaten kommen diese zwar weniger häufig vor, aber wenn sie auftreten, dann meist viel massiver und mit sichtbaren Krankheitsanzeichen. Die Fohlen haben häufig Durchfall, stumpfes Fell, vermindertes Wachstum, einen aufgetrommelten Bauch, „stoßen öfter auf", hören plötzlich mit dem Trinken auf. Manche speicheln vermehrt oder knirschen mit den Zähnen, haben grau-weiße Beläge auf der Zunge, riechen unangenehm aus dem Maul, liegen öfter auf dem Rücken und koliken, oder sind einfach depressiv. Alle diese Anzeichen können einzeln oder in Kombination in abgestuften Schweregraden auftreten. Die meisten Fohlen mit leichten bis mittleren Ulzera und sogar manche Fohlen mit schweren Ulzera leiden jedoch still. So ist es nicht verwunderlich, dass man in einer wissenschaftlichen Studie mit der endoskopischen Untersuchung des Magens bei 47 bis 57% der Fohlen Magengeschwüre fand, während zur selben Zeit befragte Tierärzte die Erkrankungshäufigkeit mit nur 0,5% einschätzten!

Aber nicht nur die Reifung der Magenschleimhaut, auch die Ernährung scheint eine Rolle zu spielen. Längere Hungerphasen, wie z.B. bei Transporten, führen zu einem Anstieg des Säuregehalts im Magen und können leichte Läsionen in schwerere überführen. Die Inhaltsstoffe der Muttermilch können einerseits durch Wachstumshormone eine Schutzfunktion ausüben und die Magenschleimhaut schneller zur Reifung bringen, andererseits stehen durch die Stute aufgenommene Pflanzenhormone oder –toxine im Verdacht über die Milch den Magen des Fohlens zu schädigen.

Mit Sicherheit stehen Erkrankungen und schmerzhafte Zustände im direkten Zusammenhang mit Magenulzera. Hier wurden in einer Studie 68% an Fohlen mit Magengeschwüren gezählt. Auch schmerz- oder entzündungshemmende Medikamente (z.B.: Kortison, Phenylbutazon, Novalgin, etc.) gelten als Auslöser für Magengeschwüre. Entscheidend ist hierbei sicherlich Dosis und Dauer der Verabreichung, Fohlen reagieren empfindlicher auf diese Art von Medikamenten als erwachsene Pferde.

Magengeschwüre bei Pferden ab dem Jährlingsalter:

Des weiteren spielen die Haltung und Fütterung eine enorm wichtige Rolle bei der Entstehung von Magenulzera. So hat man z.B. mittels endoskopischer Untersuchungen von reinen Weidepferden so gut wie keine Magengeschwüre (bei erwachsenen Pferden) gefunden.

Es ist klar, dass Leistungsträger nicht alleine auf der Weide ernährt werden können, aber mit der Abweichung von einem Jahrmillionen gleichen Speiseplan müssen nun vermehrt Magen-Darm-Probleme in Kauf genommen werden. Als besonders wichtigen Faktor bei der Entstehung von Magenproblemen wird die Zeit der Futteraufnahme erachtet, denn der Pferdemagen produziert auch im leeren Zustand Säure. Ohne die Pufferung durch aufgenommenes Futter kann der pH-Wert sogar unter den kritischen Wert von 2 fallen. Ist der Magen öfter zu sauer (im doppelten Sinn), versagen die Abwehrmechanismen der Schleimhaut. Das Gewebe entzündet sich, geht zugrunde und ein Magengeschwür entsteht. Hat das Pferd also längere Tagesabschnitte ohne Futteraufnahme, ist dies als ungünstig für die Magengesundheit anzusehen. Auch die Futterzusammensetzung trägt mit zu dieser Problematik bei. Man hat bei Großpferden eine Verzehrdauer bei 1kg Kraftfutter von 10 min und bei 1kg Heu von etwa 40 min gemessen. Dies, und die Tatsache, dass Kraftfutter beim Fressen weniger eingespeichelt werden muss (Speichel ist ein guter Säurepuffer) ergibt eine erheblich höhere Säurebelastung bei Kraftfutter als bei Heufütterung. Genauso wie beim Fohlen sind auch beim erwachsenen Pferd Krankheiten, Schmerzzustände und Medikamente als Auslöser erkannt. Anders als beim Menschen spielt der Erreger Helicobacter pylori beim Magengeschwür des Pferdes keine Rolle.

Jährlinge und erwachsene Pferde zeigen bei entzündlichen Veränderungen der Magenschleimhaut akute bis chronisch immer wiederkehrende Koliken, Leistungsschwäche, schlechten Appetit, fressen ihr Futter, vor allem Kraftfutter nicht auf oder hören immer wieder plötzlich mit dem Fressen auf, neigen zum „Koppen" oder zeigen andere Verhaltensänderungen.

Therapie:

Die meisten Medikamente für das Pferd wurden aus der Humanmedizin übernommen. So auch die Histamin2-Antagonisten Cimetidin und Ranitidin oder auch der Protonenpumpenblocker Omeprazol. Sie sorgen für eine Blockade der Säureproduktion. Diese Therapeutika können entweder über das Futter oder intravenös gegeben werden, bei einer Behandlungsdauer von zwei bis vier Wochen. Bekannt sind auch sogenannte „Antacida", Magnesium- oder Aluminium-haltige Substanzen (z.B.: Maaloxan®), die den pH-Wert puffern und einen körpereigenen Schleimhautschutz aktivieren. Leider müssen große Mengen dieser Präparate vier bis sechs mal täglich eingegeben werden, was diese Therapie unwirtschaftlich macht. Ebenfalls teuer, aber sehr effektiv ist Sucralfat, ein Zuckerkomplex, der sich als Schutzfilm über den Geschwürskrater legt. Studien an der Tierärztlichen Hochschule Hannover und in verschiedenen Pferdekliniken haben auch für einen speziell für Pferde entwickelten Pektin-Lecithin-Glycerin-Komplex (Apolectol, Pronutrin®) eine sehr gute Wirksamkeit nachgewiesen. Er wirkt der Übersäuerung des Magens entgegen und stabilisiert die Schleimschutzschicht. Dieses Zusatzfuttermittel wird einmal täglich zwei bis vier Wochen gefüttert.

Bei allen Therapieformen werden zwar die Symptome (sofern vorhanden) innerhalb weniger Tage verschwinden, dennoch ist es wichtig die Therapie über einen längeren Zeitraum fortzuführen, denn endoskopische Untersuchungen haben gezeigt, dass die komplette Heilung erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt. Als therapieunterstützende Maßnahmen gelten die Minimierung von Stress und die Anpassung der Fütterung. Bei schweren Magengeschwüren gilt jedoch Heufütterung und Ölzusatz als problematisch. Man sollte statt dessen vorübergehend ein kaufähiges (zur Speichelproduktion) gemischtes Alleinfutter mit geringer Kraftfutterkomponente (z.B.: aufgeweichte Graskops mit einem geringen Getreide- oder Maiszusatz, entsprechend des Energiebedarfs) zusammen mit schleimhautabdeckenden Substanzen füttern.

Zusammenfassung:

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Pferde als Leistungsträger und Fohlen anfällig sind für Magengeschwüre. Risikofaktoren sind außerdem: längere und/oder schwere Krankheiten, Operationen, spezielle Medikamente, Stress durch häufige Ortswechsel, Überbelastung, Rangordnungskämpfe, die Zeit des Absetzens, Fütterungsfehler oder sogar Futterentzug.

Oft sind äußerlich keine eindeutigen Symptome wahrnehmbar, so dass beim Auftreten von Krankheitsanzeichen unbedingt eingeschritten werden sollte, da hierbei mit einem massiveren Geschwür gerechnet werden muss. Nach Bestätigung des Verdachts durch einen Tierarzt, gilt als erste Maßnahme die Vermeidung von den oben genannten Risikofaktoren, dann die durch den Tierarzt empfohlene Therapie.

Prophylaktisch, oder zur Vermeidung von Rückfällen kann vor anstehenden Belastungen eine vorübergehende Zufütterung von pH-Wert senkenden und die Schleimhaut schützenden Substanzen empfohlen werden.


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