Quelle:
http://www-cgi.uni-regensburg.de/Studen ... utazon.pdfPhenylbutazon
Ansatzpunkte der medikamentösen
Schmerzbeeinflussung
1.Chemie
Wirkstoffklasse: nichtsteroidaler Entzündungshemmer -
Pyrazolone; Phenylbutazone
Struktur:
Molare Masse: 308 g/mol
Eigenschaften: Bei dem Wirkstoff Phenylbutazon handelt es sich um ein
synthetisches Pyrazolon-Derivat, welches chemisch mit
Aminopyrin verwandt ist. Es ist ein weisses, geruchloses
kristallines Pulver mit einem pKa-Wert von 4,5. In Wasser
ist Phenylbutazon schlecht löslich, wohingegen sich in 28mL
Alkohol ein Gramm der Substanz lösen lässt. Bei oraler
Aufnahme zeigt sich Phenylbutazon erst geschmacklos,
entwickelt später aber einen leicht bitteren Nachgeschmack.
Stabilität: In einer Untersuchung wurden bei sachgemäß gelagerten
Phenylbutazon-Tabletten bis zu 10% chemische
Veränderungen in Form von Peroxiden nachgewiesen. Diese
Peroxide zeigen schädigende Effekte, wie Konstriktionen (Verengung) der
glatten Muskulatur von Bronchien und Gefäßen,
Beeinträchtigungen der Herzleistung um 36-56%,
verminderten koronaren Blutfluss und kurzzeitige
Tachyarrythmien.
2. Pharmakologie
2.1. Allgemein
Phenylbutazon wirkt antiphlogistisch (entzündungshemmend) , analgetisch (schmerzlindernd) und weniger ausgeprägt auch
Antipyretisch (fiebersenkend) . Zudem zeigt der Wirkstoff eine geringe urikosurische Komponente. (Harnsäure steigernd)
2.2. Wirkungsmechanismus
2.2.1.Allgemein
Alle nichtsteroidalen Entzündungshemmer bewirken eine Hemmung des
Enzyms Cyclooxygenase, welches die Umwandlung der Arachidonsäure zu
Prostaglandinen und anderen Eicosanoiden (Prostacyclin, Thromboxan)
vermittelt.
Man unterscheidet zwei Isoenzyme der Cyclooxygenase: die Cyclooxygenase-1
(COX-1) und die Cyclooxygenase-2 (COX-2).
Das Enzym Cyclooxygenase-1 ist ein konstitutives Enzym und in relativ
konstanter Konzentration in vielen Geweben, wie z.B. Thrombozyten,
Endothelzellen, glatte Muskulatur, Niere und Magen, zu finden. Dieses
sogenannte "housekeeping enzym" ist für die physiologischen Schutzfunktionen
der verschiedenen Organe verantwortlich.
Die Cyclooxygenase-2 wird durch die Entzündung, bzw. durch proinflammatorische
Cytokinine, bakterielle Lipopolysaccharide oder
Tumornekrosefaktoren induziert und bildet innerhalb kurzer Zeit grosse Mengen
entzündungsfördernde Prostaglandine, welche widerum zu den klassischen
Entzündungssymptomen, wie Erythem, Schwellung und Schmerz führen.
Der entzündungshemmende Effekt der nichtsteroidalen Entzündungshemmer
beruht also auf einer Hemmung der COX-2, während die unerwünschten
Nebenwirkungen auf die Hemmung der COX-2 zurückzuführen sind.
2.2.2. Speziell
Der Wirkungmechanismus von Phenylbutazon besteht, wie bei allen
nichtsteroidalen Entzündungshemmern, im Wesentlichen in einer
Aktivitätsminderung des Enzymes Cyclooxygenase und der daraus folgenden
Reduktion der Prostaglandin- und Thromboxansynthese.
2.3. Weitere Effekte
Aus dem Wegfall der Prostaglandinwirkungen ergeben sich folgende
Konsequenzen:
- verminderter renaler Blutfluss
- verminderte glomeruläre Filtrationsrate
- Wasser- und Natriumretention
- Wegfall der hemmenden Effekte auf die Magensäureproduktion, mit dem
Resultat einer gastralen Hyperazidität
- Ausbleiben einer Gegenregulation zu lokalen Vasokonstriktionen, mit der
Folge von minderdurchbluteten Arealen, wovon besonders die Nieren und die
Magenschleimhaut betroffen sind
- Sistieren des Nachschubes von Basalzellen an die Magenschleimhaut-
Oberfläche zur Reparatur von Läsionen
- Zusätzlich kommt es zu einer verminderten Aggregationsfähigkeit von
Thrombozyten und es wird eine Einschränkung der Hydroxylierungsfähigkeit
von Hormonen und Medikamenten beschrieben
2.4. Pharmakokinetik
Nach intravenöser Injektion von Phenylbutazon und nach der Wirkstoffgabe
wird ein biphasischer Plasma-Konzentrationsverlauf beschrieben, was einem
offenen 2-Kompartiment-Modell für diesen Wirkstoff entspricht.
Nach der oralen Gabe von Phenylbutazon soll es hingegen zu einem
monoexponentiellen Konzentrationsverlauf im Blut kommen.
Die Ausscheidung von Phenylbutazon aus dem Körper erfolgt zu etwa 70%
renal und zu etwa 30% biliär, wobei Oxyphenbutazon den Hauptmetaboliten
darstellt.
3. Indikationen
Phenylbutazon wird allgemein zur Therapie gering- bis mittelgradiger
muskuloskelettaler, und akuter Schmerzzustände eingesetzt.
So zum Beispiel bei:
- Arthritis
- Myositis (Muskelentzündung)
- Myalgien (Muskelschmerz ohne spez. Ursache)
- Distorsionen (Verstauchungen)
- Kontusionen (Quetschungen)
- Periostitis (Entzündung der Knochenhaut)
- Tendovaginitis (Sehennscheidenentzündung)
- Bursitis (Schleimbeutelentzündung)
- Hufrehe (Entzündung der Huflederhaut beim Pferd) - Teckellähme (Wirbelsäurebeschwerden bei Wild und Hund)
Phenylbutazon wird zur Behandlung von Kolikschmerzen als ungeeignet
beschrieben.
Zur Therapie von chronischen Schmerzen wird der Wirkstoff von einigen als
indiziert und von anderen als relativ kontraindiziert genannt.
Therapeutische Dosierungen sollen wenig bis keinen Einfluss auf die
Heilungstendenz von Haut haben.
4. Kontraindikationen
4.1. Allgemein
Allgemein wird die Applikation von Phenylbutazon kurz nach der Geburt als
kontraindiziert angesehen, da hier die Biotransformationsenzyme noch nicht voll
funktionsfähig sind, und somit keine vollständige Elimination des Wirkstoffes
gewährleiset ist.
Eine besondere Vorsicht ist auch bei dem Einsatz von Phenylbutazon an
Patienten geboten, welche bereits zu einem früheren Zeitpunkt einmal eine
Überempfindlichkeit gegenüber der Substanz gezeigt haben, bzw. bei denen
gegenüber anderen Arzneimitteln Allergien bestehen.
4.2. Speziell
4.2.1. Gastrointestinaltrakt
Patienten mit Erkrankungen der Leber sollten nicht mit Phenylbutazon therapiert
werden. Die Verabreichung von Phenylbutazon sollte ebenso beim
Vorhandensein von Magen-Darm-Ulzera oder endoparasitär bedingten Darm-
Schleimhaut-Läsionen unterbleiben.
4.2.2. Kardiovaskuläres System
Der Einsatz von Phenylbutazon wird als kontraindiziert beschrieben, sofern bei
den Patienten hämodynamische Störungen, zum Beispiel in Form von
Dehydrierung, Schock oder Hypertonie vorliegen. Auch bei Patienten mit
chronischer Herzinsuffizienz, bei hämorrhagischer Diathese,
Knochenmarksschäden oder hämatologischen Störungen, bei septischen
Patienten oder solchen in Anästhesie, sollte die Applikation von Phenylbutazon
unterbleiben.
4.2.3. Schilddrüse
Patienten mit Erkrankungen der Schilddrüse, jedweder Art, sollten nicht mit
Phenylbutazon behandelt werden.
4.2.4. Urogenitaltrakt
Eine Phenylbutazon-Applikation ist bei niereninsuffizienetn Patienten
kontraindiziert. Die Gabe des Wirkstoffes sollte an schwangere Patientinnen nur
nach eingehender Abwägung der Vor -und Nachteile vorgenommen werden. So
wurden in Tierversuchen, nach Phenylbutazongaben verkleinerte Würfe, eine
erhöhte neonatale Mortalität und vermehrete Totgeburten festgestellt. Gegen
Ende der Schwangerschaft wird von dem Gebrauch von Phenylbutazon
abgeraten, da die Gefahr der Tokolyse bei der Mutter und des vorzeitigen
Verschlusses des Ductus botalli beim Säugling besteht. 5. Interaktionen- potenzierende Wirkung bei Cumarin, Digitoxin, Phenytoin, Sulfonamide,
Sulfonylharnstoffe, Valproinsäure, Warfarin
Bei Kombination mit:
- Acetylsalicylsäure (ASS): weniger toxische Wirkung- Glukokortikoide: Verstärkung der ulzerogenen Wirkung, erhöhte
gastrointestinale Blutungsgefahr
- Isopropylaminophenazon: verlängerte Eliminationshalbwertszeit
- Isopyrin: gegenseitige Wirkungsergänzung und -verlängerung
- kaliumsparende Diuretika (z.B. Spironolacton): Gefahr der Hyperkaliämie
- nichtsteroidale Antiphlogistika: Verstärkung der Nebenwirkungen (Ausn.:
Isopyrin)
- Penicillin: Verzögerung dessen renaler und tubulärer Sekretion
- Prednisolon: synergetische antiphlogistische Wirkung
- Vitamine: Todesfälle bei Vit. B1, B6, B12; Nekrosen am Injektionsort
6. Nebenwirkungen
6.1. lokal- intravenöse Injektion: Thrombophlebitiden
- subkutane und intramuskuläer Injektion: Gewebsnekrosen, Nervenreizungen
- orale Applikation: Schleimhautreizungen, -läsionen, und -ulzera im Rachen
und Oesophagus
6.2. systematisch
Durch hemmung der Cyclooxygenase und damit der Prostaglandinsynthese:
Reduzierung der physiologischen Schutzfunktionen der Prostaglandine:
zytoprotektive Wirkung an der Magenschleimhaut, verminderte Freisetzung von
HCl und Pepsin, in der Niere Regulation des renalen Blutflusses und
glomerulärer Filtrationsrate, tubulärer Ionentransport, Reninfreisetzung.
Hauptnebenwirkungen:
- gastrointestinale Irritationen, Ulzerationen und Perforationen
- Nephrotoxizität, insb. bei Hypovolämikern und Patienten mit eingeschr.
Nierenfunktion
- Blutgerinnungsstörungen