Pflanzliche Arzneistoffe Evolutionsbiologisch betrachtet synthetisieren Pflanzen ihre sekundären Inhaltsstoffe nicht zum Wohl des Menschen, sondern zur Abwehr von Fressfeinden. Dennoch hat die Menschheit die Wirkung der Pflanzen seit jeher genützt.
Da es sich um biologisch aktive wirksame Substanzen handelt, können analog zu den synthetischen Arzneistoffen ebenfalls unerwünschte Wirkungen und Interaktionen auftreten. Die bei Laien weitverbreitete Annahme, dass es sich um natürliche und damit grundsätzlich ungefährliche Substanzen handelt, ist schlicht falsch!!Auch pflanzliche Arzneistoffe werden über die Leber metabolisiert und können so zu metabolisch oder immunologisch bedingten toxischen Schäden führen. Bei den Präparaten handelt es sich in der Regel um Stoffgemische; in chinesischen Kräutermischungen sind in der Regel sogar vier bis fünf verschiedene Pflanzen enthalten. Daher ist es äußerst schwierig, das für die Lebererkrankung verantwortliche Agens zu identifizieren (5).
Die bekanntesten lebertoxischen Inhaltsstoffe aus Heilpflanzen sind wohl die Pyrrolizidinalkaloide, die beispielsweise im
Huflattich (Tussilago farfara) und
Beinwell (Symphytum officinale L.) vorkommen. Pyrrolizidinalkaloide werden in der Leber in Metaboliten umgewandelt, die irreversibel mit der DNA und anderen Makromolekülen reagieren und zur Schädigung der Leberzellen führen. Die Auswirkungen einer Pyrrolizidin-Vergiftung sind kumulativ. Bestimmend für den toxischen Effekt ist die totale Aufnahme dieser Alkaloide, der Zeitraum der Aufnahme ist unerheblich. Mittlerweile gibt es auch eine Pyrrolizidin-frei gezüchtete Huflattichsorte, aus der Arzneitee hergestellt wird.
Tabelle 2 enthält eine Auswahl von Heilpflanzen, die mit toxischen Leberschäden in Verbindung gebracht wurden (5, 11, 12). Jüngstes Beispiel sind
Cimicifuga-haltige Arzneimittel. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ordnet zum 1. September die Aufnahme von Warnhinweisen zum Risiko von Leberschäden in die Produktinformationen an; es liegen mehr als 30 Verdachtsfälle vor (Pharm. Ztg. Nr. 26/08, Seite 120). Manche Arzneipflanzen wurden in Deutschland sogar aus dem Handel genommen, zum Beispiel Kava Kava (Piper methysticum).
Tabelle 2: Auswahl an Heilpflanzen, die mit Lebertoxizität assoziiert wurden Englische Wasserminze (Presila cervina) Kava-Kava (Piper methysticum) Gemeiner Beinwell (Symphytum officinale) Echter Gamander (Teucrium chamaedrys) Amerikanische Faulbaumrinde (Rhamnus purshianus) Schöllkraut (Chelidonium majus) Baldrian (Valeriana officinalis) Sägepalme (Serenoa repens) Gummidistel (Atractylis gummifera) Ma-huang (Ephedra sinica) Chinesische Kräutermischungen: Dai saiko-to (TJ 8) Chinesische Kräutermischungen: Sho-saiko-to (TJ 9) Chinesische Kräutermischungen: Jin Bu Huan.
Chinesische Kräutermischungen: Paenoia spp. Auch wenn die meisten hepatischen Nebenwirkungen erst nach der Markteinführung entdeckt werden, empfiehlt es sich auch bei pflanzlichen Arzneimitteln, nur solche Zubereitungen zu verwenden, deren Wirksamkeit und Sicherheit in Studien untersucht wurde. Von nicht beurteilbaren Bezugsquellen wie dem Internet ist einmal mehr abzuraten, zumal in der Vergangenheit bereits mehrfach nicht deklarierte, stark wirksame Arzneistoffe, beispielsweise Glucocorticoide, in pflanzlichen Asthmapräparaten gefunden oder eine unzureichende Qualität und Reinheit von Teemischungen bemängelt wurden. Silymarin, ein Flavonolignan der Mariendistel (Silybum marianum) hat sich vor allem zur Hepatoprotektion nach Intoxikation mit dem hoch lebertoxischen grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides)
bewährt. Es wird heute aber auch zur Behandlung von zahlreichen Lebererkrankungen als Adjuvans eingesetzt. Bisherige Erfahrungen lassen vermuten, dass Silymarin möglicherweise vor Medikamenten-induzierten Leberschäden schützen kann. Der Wirkstoff verändert die Struktur der äußeren Zellmembran der Hepatozyten derart, dass Lebergifte nicht ins Zellinnere eindringen können. Zum anderen stimuliert es die Aktivität der ribosomalen Proteinsynthese, wodurch die Neubildung von Hepatozyten und die Regenerationsfähigkeit der Leber angeregt werden. Außerdem wirkt Silymarin antioxidativ. Zurzeit reicht die Evidenz allerdings nicht für eine generelle Empfehlung in dieser Indikation aus (5, 13).....
Quelle zum weiterlesen