Ranner Sandra
Vergleichende Betrachtungen zum equinen und caninen Cushing-Syndrom. Eine Literaturstudie mit Fallanalyse beim Pferd.
Die Literaturübersicht bietet einen Einblick in die Geschichte und Nomenklatur rund um das Cushing-Syndrom bei Mensch, Hund und Pferd. Unter Beachtung der tierartlichen Besonderheiten werden anatomische und histologische Grundlagen dargestellt, und die endokrinologischen Zusammenhänge und Abläufe der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse erläutert.
Die verschiedenen Theorien zur Entstehungsursache, mögliche pathophysiologische Abläufe, Prävalenz, Vorkommen, Symptome, Veränderungen der labordiagnostischen Parameter, diagnostische Testverfahren und therapeutische Möglichkeiten sowie das Spektrum pathologisch-anatomischer Befunde werden detailliert für das CS von Hund und
Pferd beschrieben und diskutiert.Unterschiedliche und teilweise kontroverse Auffassungen liegen hinsichtlich der Ätiopathogenese des hypophysären CS vor. Nach Abwägung der verschiedenen Argumente scheint eine spontane Tumorentstehung in der Adenohypophyse wahrscheinlicher zu sein als eine durch hypothalamische Neurotransmitter induzierte Hyperplasie.
Auch das Färbungsverhalten der hypophysären kortikotropen Zellen wird in der Literatur unterschiedlich eingeschätzt, was sich in einer differenzierenden pathohistologischen Beurteilung niederschlägt.
Im Gegensatz zum Hund, dessen Symptome zweifelsfrei auf die Wirkung der Kortikoide zurückzuführen sind, bestehen konträre Ansichten hinsichtlich der Gewichtung der POMC-Peptid-Auschüttung und der Relevanz der Kortisol-Inkretion speziell beim ECS.
Andererseits gibt es profunde klinische Hinweise dafür, dass beide Hormongruppen, Kortikoide und POMC-Peptide, für die Ausprägung des Krankheitsbildes beim Pferd verantwortlich sind. Hinsichtlich der klinischen Symptome wie Fellwuchs, Hautdicke, Ernährungszustand und Umlagerung des Körperfetts unterscheiden sich an CS erkrankte Hunde und Pferde deutlich voneinander.
Gemeinsam sind unter anderem die Leitsymptome PU/PD, Lethargie, Muskelatrophie und die Neigung zu chronischen Sekundärleiden oder häufigen Infektionen.
Das CS wird, beim Pferd öfter als beim Hund, vom Diabetes mellitus (Typ II) begleitet.
Die momentan aktuellen Hypothesen der bis heute ungeklärten Pathogenese des Hirsutismus werden diskutiert, und die Bedeutung der steroid-induzierten Hufrehe sowie des Diabetes mellitus beim ECS werden unter Beachtung möglicher Parallelen zu diabetischen Komplikationen des Menschen erörtert.
Nach kritischer Bewertung der verschiedenen Testverfahren können zur Diagnose des ECS die direkte ACTH-Bestimmung, der Dexamethason-Suppressionstest und der Dexamethason-Suppressions-TRH-Stimualtionstest empfohlen werden.
Zur Diagnose des Diabetes mellitus eignen sich der Glukose- und der Insulin-Toleranztest. Zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs eignen sich die direkte ACTH-Bestimmung, die UC/C-Bestimmung und als einfachstes Diagnostikum die wiederholte Kontrolle der Blutglukose-Konzentration, da diese Testmethoden keine potentielle Störung der HT-HP-NNR-Achse verursachen.
Die bildgebenden Verfahren der Computertomographie und Magnetresonanztomographie werden in naher Zukunft, im Gegensatz zu röntgenologischen und sonographischen Untersuchungen, eine große Rolle in der Diagnostik des ECS spielen.
Als Therapeutika des ECS finden derzeit Bromocriptinmesilat, Pergolidmesilat und
Cyproheptadin-HCl Anwendung. Eine gute Verträglichkeit von Pergolid wird mit Beachtung einer einschleichenden Dosierung erreicht. Als weitere therapeutische Möglichkeit sollte Selegilin-HCl, ein MAO-Hemmer, überprüft werden.
Eigene Untersuchungen im Rahmen einer Fallanalyse umfassten 14 Pferde mit Cushing-Syndrom, von denen 7 therapiert werden konnten. Aufgrund der geringen Anzahl und der inhomogenen Zusammensetzung der Patienten wurde nur eine deskriptive Kasuistik vorgenommen und auf eine statistische Auswertung verzichtet.
Diagnostische und therapeutische Erkenntnisse aus der Literatur wurden anhand dieser Patientengruppe angewandt und überprüft.
Ein oftmals typischer Vorbericht weist auf die beschriebene Leitsymptomatik hin. Das Vorkommen von kennzeichnenden Symptomen und die Veränderungen labordiagnostischer Parameter wurden in überwiegend übereinstimmender Häufigkeit beobachtet.
Diagnostische Testverfahren kamen bei 11 von 14 Patienten zum Einsatz: direkte ACTH-Bestimmung (4/14), Dexamethason-Suppressionstest (2/14), kombinierter Dexamethason-Suppressions-TRH-Stimulationstest (5/14). In allen Fällen konnte eine sichere Diagnose gestellt werden.
Mit Pergolidmesilat wurden 6 von 14 und mit Cyproheptadin-HCl 2 von 14 Patienten behandelt.
Bei den therapierten Pferden (8/14) wurden die von der Norm abweichenden klinischen und labordiagnostischen Befunde der Eingangsuntersuchung nach 6-wöchiger Therapiedauer überprüft.
Bei 4 von 14 Patienten konnte zusätzlich nach 3 sowie nach 6 Monaten eine Kontrolluntersuchung durchgeführt werden.
Ein mit Cyproheptadin behandeltes Pferd zeigte sich nach 6 Wochen therapieresistent.
In einem weiteren Fall trat nach 6-monatiger Pergolidtherapie ein Rezidiv auf.
Dieses Pferd wurde euthanasiert. Die neuropathologische Untersuchung ergab ein basophiles Hypophysenadenom der Pars intermedia mit Impression des Hirns.
Quelle:
http://www.vetmed.uni-muenchen.de/forsc ... annerS.txt