ich hatte einen grossen Holländer, der mit vier hinten links eine Belastungsrehe gemacht hatte (oder wohl eher eine Ischämie-Rehe, nach wochenlang andauerndem und immer wieder rezidivierendem Rotlauf an dem Bein). Ich übernahm ihn von der Klinik, als es ihm wieder so gut ging, dass er aus Übermut die Betonpfosten im Auslauf bearbeitete, und sich einen Chip vom Hufbein (am gleichen Huf) abgedonnert hatte. Da der Besitzer ihn abgeschrieben hatte, und er nur an einem Bein Rehe hatte und es daher zumutbar schien, hatte man an ihm erstmals diese Methode ausprobiert.
Der Wallach hatte 18° Rotation. Man fräste diese Rinne mehrmals bis auf's Blut, wiederholte dies ca. monatlich, sobald wieder eine Schicht Narbenhorn nachgewachsen war. Gleichzeitig bekam er den ersten Klebeschuh, der auf dem Markt war, in Form eines Heart Bar Shoes, der mit Lamellen angeleimt wurde. Als die Rinne ungefähr zwei Fingerbreit heruntergewachsen war, flog der Schuh mitsamt dem unteren Teil der Zehenwand. Es glückte uns, dass er keine Infektion machte, und er belastete im Grunde genommen nicht viel schlechter als mit Zehe. Die Rotation konnte mit dieser Massnahmen nur um wenige Grad reduziert werden. Die Zehenwand wuchs zwar gerade herunter, aber blieb sehr flach.
Er wurde noch längere Zeit beklebt, später ging er dann barhuf (lebte die letzten Jahre im Weideunterstand) und konnte barhuf sogar im Schritt auf unseren Schotterwegen geritten werden. Ein Schuh war durch die flache Hufform nicht möglich; damals gab es erst den Swiss Horse Boot. Durch die breite weisse Linie machte er alle paar Monate wieder einen Abszess, wenn er nicht gerade wieder mal (unabhängig davon) einen Rotlauf hatte. Mit neun hatte er dann rechts einen Sehnenanriss, und durch die Belastung in der Folge wieder einen Reheschub links, was das Ticket to heaven bedeutete.
(In all der Zeit war er gerade ein Mal 6 Monate am Stück beschwerdefrei, sonst ging es nie länger alle drei, vier Wochen, bis er wieder ein Wehwehchen hatte. Nebst den erwähnten Beschwerden hatte er auch immer wieder Hufsohlenlederhautentzündung HL, plus die erste (noch nicht so schlimme) Sehnenzerrung HR, als er auf der Weide aus einer Wendung heraus losbockte. Man musste ihm die seit seiner OP verengte linke Drosselvene herausnehmen, weil sie sich auch immer wieder entzündete. Im ersten Stall, wo ich ihn hatte, entwickelte er eine COB, weil er durch seine OPs und die vielen Medis schwache Nieren hatte und extrem viel urinierte, und ich jedesmal Krach mit dem SB bekam, wenn er merkte, dass ich die nasse Boxe am Abend nochmals ausmistete. Wäre er nicht solch ein fröhliches Pferd gewesen, das seine Behandlungen fast zu geniessen schien und alles gutgelaunt wegsteckte, wäre er niemals so alt geworden.)
Fazit der Behandlung: bei uns höchstens befriedigend.
Zuletzt geändert von Saiga am 20.12.2009, 12:15, insgesamt 1-mal geändert.
|