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Neues Konzept zur Serodiagnose der Borreliose

03.06.2006, 11:57

Ab sofort werden wir das Borreliose-Screening mit drei Tests durchführen:
Zusätzlich zu den bewährten IgG- und IgM-EIA-Tests mit einer Mischung rekombinanter Antigene verschiedener Borrelienspezies wird der neue VlsE-CLIA (Chemolumineszenz-Assay) eingesetzt. Auf die Testung der Sera mit den Immunfluoreszenztests wird dafür verzichtet. Durch das neue Diagnostikkonzept ergibt sich eine Steigerung der Sensitivität der Such-serologie um bis zu 10 %. Durch den Verzicht auf den IgM- und IgG-IFT als Folgeverfahren wird Kostenneutralität erreicht.

Der Immunblot als Bestätigungstest ist aus unserer Sicht weitgehend verzichtbar und wird von uns wie bisher nur sehr restriktiv angewendet. Dies bedeutet im Vergleich zum Procedere anderer Laboratorien eine beträchtliche Kostenersparnis.

Wichtiger als der Blot ist eine gute Kommunikation zwischen Einsender und Labor. Bei Kenntnis der klinischen Fragestellung ist es für das Labor viel einfacher, ggf. gezielt ergänzende Untersuchungen durchzuführen und den resultierenden Befund sinnvoll zu interpretieren. Wir würden uns daher sehr freuen, wenn Sie bereit wären, bei der Untersuchungsanforderung den beigefügten Fragebogen mit einzuschicken. Gerne sind wir bereit, die Bögen in erforderlicher Anzahl zur Verfügung zu stellen

Probleme der Borrelienserologie
Die Antigenstruktur der Borrelien ist sehr komplex und variabel, abhängig von Umweltmilieu und Temperatur. In der Zecke benötigt die Borrelie Oberflächenantigene wie das äußere Membran-protein A (OspA), um sich an die Wand des Mitteldarmes zu adaptieren. Saugt die Zecke Blut, kommt es infolge des Temperaturanstieges zu einer Veränderung der Borrelien-Antigenstruktur. Die OspA-Synthese wird herunterreguliert und statt dessen das äußere Membranprotein C (OspC) synthetisiert. Erst nach Expression des OspC ist die Borrelie infektiös für den Säugetierwirt. Dies erklärt warum eine Erregerübertragung frühestens ca. 12 Stunden nach dem Zeckenstich möglich ist und warum die Übertragung der Borrelien um so häufiger erfolgt, je länger der Saugakt andauert. In der Frühphase der Infektion finden sich entsprechend meist Antikörper gegen das stark immunogene OspC-Antigen. Um sich gegen die Immunantwort des Wirtes durchzusetzen, variiert die Borrelie nach der Infektion ihr Antigenmuster. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Abwehrstrategie ist die Expression des VlsE- (variable major-protein-like sequence expression site) Antigens. Hierbei handelt es sich um eine Proteinstruktur, die aus einem hochvariablen Anteil an der Oberfläche und einem konservierten Anteil in der äußeren Membran des Erregers besteht. Antikörper gegen diese Struktur sind hochspezifisch und können nach der Infektion auch bereits sehr früh auftreten. Das VlsE-Antigen fehlt bei in vitro angezüchteten Erregern, und ist entsprechend in den üblichen Borreliose-Antikörpertests nicht enthalten.

Ein weiteres Problem der Serodiagnostik besteht darin, dass die Immunantwort gegen wichtige Antigene wie das OspA, das OspC oder auch das VlsE zumindest in einem Teil der Fälle genotypspezifisch ist. Entsprechend sind falsch negative Befunde möglich, wenn das Antigenspektrum des infizierenden Borrelienstammes in dem verwendeten Testsystem nicht ausreichend repräsentiert ist. In vielen Fällen werden gruppenspezifische Antikörper detektiert, während genotypspezifische Antikörper nicht erkannt werden. Dies kann wesentlichen Einfluss auf die Titerhöhe des verwendeten Tests haben und betrifft besonders häufig Infektionen mit Borrelia garinii. Für diese Spezies sind zur Zeit mindestens sechs Genotypen bekannt. B. garinii verursacht die meisten neurologischen Krankheitsbilder. Die Problematik der im individuellen Fall unzureichenden Test-Sensitivität betrifft nicht nur die Suchtests (Enzym-immunoassy, Immunfluoreszenztests), sondern auch die Blot-Bestätigungstests. Daher schließt auch ein negativer Blotbefund nicht eine spezifische Immunantwort aus. Aus unserer Sicht ist daher der Immunblot auch kein Bestätigungstest, sondern ein ergänzender Test, der zusätzliche Informationen liefern kann.

Jeder Borreliose-Suchtest detektiert abhängig von der Antigenzusammensetzung ein bestimmtes Antikörpercluster (Borrelienspezies und Genotypen), erfasst jedoch nicht alle Borrelien-antikörper. Dies bedeutet, dass letztlich jedes Labor, das sich für ein bestimmtes Testkonzept entscheidet, aus Praktikabilitätsgründen einen Kompromiss eingeht zwischen Sensitivität der Diagnostik und wirtschaftlicher Leistungserbringung. In der Routinediagnostik ist dieses Phänomen schwer zu erkennen, da es nur deutlich wird, wenn nicht vorselektierte Proben mit verschiedenen Borreliosetests parallel untersucht werden. Am ehesten wird diese Tatsache deutlich, wenn Serumproben an verschiedene Laboratorien gesandt werden, die mit differenten Borreliosetests arbeiten. Es können Befunddiskrepanzen für Such- und Bestätigungstests von hochpositiv bis negativ resultieren.
Wir haben uns in den vergangenen Jahren bemüht, diese Schwierigkeiten zumindest zum Teil aus-zugleichen durch die Anwendung von Immunfluoreszenztests neben den EIA-IgG- und IgM-Suchtests sowie die Verwendung von Blotsystemen mit unterschiedlichen Antigenkonzepten.

Diagnostischer Stellenwert des VlsE-IgG-Antikörpernachweises:
Der VlsE-IgG-Antikörpertest hat, basierend auf eigenen Daten, eine Spezifität von ca. 99 %. Auch bei isoliert grenzwertigem VlsE-Befund lassen sich im Immunblot meist spezifische Antikörper demonstrieren. Somit ist davon auszugehen, dass bei Nachweis des VlsE-Antikörpers isoliert oder in Kombination mit anderen Antikörpern der Befund als spezifisch zu werten ist. In einer Vorstudie mit mehr als 1000 Serumproben aus der Laborroutine haben wir den VlsE-IgG-EIA parallel zum bislang praktizierten Diagnostikkonzept geprüft. Ein Antikörpernachweis mit den IgG- und/oder IgM-EIA-Tests gelang in 325 Fällen, der VlsE-Antikörpertest war 160 mal positiv. In 30 (3 %) aller untersuchten 1011 Serumproben reagierte der VlsE-Test isoliert positiv. Die Anzahl positiver Befunde insgesamt wurde durch den VlsE-Antikörpertest um ca. 10 % gesteigert.

In unserem bisherigen Diagnostikkonzept wurden der IgG- und IgM-Immunfluoreszenztest als Folgeverfahren bei grenzwertiger oder positiver Suchserologie oder auch bei neurologischen Fragestellungen parallel zum IgG- und IgM-EIA durchgeführt, um die Sensitivität für die Erkennung von Problemfällen zu verbessern. Nach Einführung des VlsE-Tests haben wir bei der Analyse von 409 Befunden in keinem Fall mehr ein isoliert positives IFT-Resultat gesehen, d. h. dass alle Proben entweder im VlsE-, IgG- und/oder IgM-EIA reagierten.

Ein isoliert positiver VlsE-Antikörperbefund kann ein Hinweis auf eine frühe Serokonversionsphase bei akuter Borrelieninfektion oder der einzig positive Antikörperbefund bei Neuroborreliose sein. Häufig findet sich ein positiver VlsE-Test bei chronischen Borrelieninfektionen (Arthritis, Acrodermatitis). Auch eine Antikörperpersistenz nach früherer Infektion ist möglich. Somit gelten letztlich auch für den VlsE-Antikörper die Interpretationskriterien wie für die etablierten Tests.

http://www.labkrone.de/news/?id=105
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