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Babesiose: die kleine Schwester der Malaria

03.06.2006, 11:02

Babesiose: die kleine Schwester der Malaria von Dieter Hassler


Quelle: http://www.dieterhassler.de/index.php?id=68

....Babesiose bei Tieren

B. bigemina verursacht das bereits erwähnte "Texas-cattle-fever", eine schwer und hochfieberhaft verlaufende Erkrankung mit Anämie, Haematurie, Ikterus und Hepatosplenomegalie. Letale Verläufe sind nach früheren Berichten sehr häufig. Dem steht ein wenig entgegen, daß Sahibi (199 bei marokkanischen Rindern Infektionsraten bis zu 40% gefunden hat, wobei sogar noch ein ähnlich hoher Prozentsatz mit B. bovis infiziert war, ohne daß es zu größeren Serien von Todesfällen kam. Warum manche Ausbrüche mit einer hohen Letalität einhergehen und andere keine meßbar erhöhten Verluste verursachen, bleibt weiter unklar.

B. ovis infiziert hauptsächlich Schafe, wurde aber auch in Mufflon- und Steinwild, zum Beispiel in den Pyrenäen gefunden. Yeruman beobachtete, daß Lämmer, die in der Winterzeit geboren wurden, meist von Larven der übertragenden Zeckenart Rhipicephalus bursa gestochen wurden. Sie entwickelten meist eine Serokonversion, erkrankten aber klinisch nur mild. Wenn die Primärinfektion durch adulte Zecken erfolgte, so war meist das Vollbild der fieberhaften Babesiose die Folge. Er vertritt nun die interessante Hypothese, daß die von einer geringen infektiösen Dosis des Erregers präimmunisierten Tiere bereits relativ geschützt in die Sommermonate gehen, und deshalb die klinisch schwerere Form selten beobachtet wird. Yeruman meint daher, daß es günstig ist, wenn die Zeckenlarven in den Monaten Oktober bis Februar die Lämmer infizieren können.

Dies könnte die oben diskutierte Diskrepanz im klinischen Verlauf bei Infektionen von Rindern aufklären helfen: In Gegenden wie Marokko, in denen die Prävalenz des Erregers und seiner Vektoren ständig so hoch ist, daß eine Immunisierung über Zeckenvorstadien regelhaft erfolgt, ist die gesamte Herde relativ geschützt. Wenn dagegen nichtimmune Rinderherden im Sommer in großen Trecks in Gegenden verbracht werden, wo der Erreger vorkommt, so ist mit regelhaft schweren Verläufen zu rechnen.

B canis infiziert vor allem Hunde und führt bei den befallenen Tieren nach hochfieberhafter Erkrankung mit Anaemie und Ikterus in vielen Fällen innerhalb weniger Tage zum Tod. Die aus Asien bekannte B gibsoni führt zwar zu protrahierteren Verläufen über einige Wochen bis Monate, aber auch diese Infektion ist letztendlich oft letal.

Babesia equi, von Laveran bereits 1901 beschrieben, ist eine für Pferde hochpathogene Art, während B. caballi für minder schwere Infektionen verantwortlich gemacht wird.

In der tierärztlichen Allgemeinpraxis sind Babesiose-Infektionen bei Katzen, die aus den Mittelmeerländern mitgebracht wurden, nicht selten. Meist wird hier nicht zu unterscheiden sein, ob B. felis oder B. divergens verantwortlich ist. Generell ist zu berücksichtigen, daß nur erfahrene Untersucher eine Artdiagnose aufgrund der Mikroskopie stellen können, da die einzelnen Arten so ähnlich sind, daß in der klinischen Praxis aus praktischen Gründen auf die genaue Differenzierung verzichtet werden muß.

Daß der Erreger auch bei klinisch bereits wieder genesenen Tieren sehr lange im Blut vorhanden sein kann, stellt ein erhebliches seuchenhygienisches Problem dar: Kühe werden weltweit vermarktet, Pferde zu internationalen Wettbewerben über Kontinente verfrachtet. So kann es sehr leicht zur Einschleppung von Babesien in zuvor unbelastete Regionen kommen. Ein paar passende Zecken zur Weiterverbreitung finden sich schließlich allenthalben.



Diagnostik

Die klassische Form der Diagnose kann an Hand von gefärbten Blutausstrichen erfolgen. Die Babesien sind in den befallenen Erythrozyten sichtbar (siehe Abbildung). Da die Zahl der Erreger recht hoch ist, ist die Diagnose nicht sehr schwierig. Wiederum muß darauf hingewiesen werden, daß die maschinelle Auswertung des Blutbildes hier natürlich versagen muß!

Eine Alternative ist die Anzucht im Hamster, mit der sich auch Infektionen nachweisen lassen, die wegen geringerer Erregerdichte im Nativausstrich unentdeckt geblieben wären.

Daneben wurden serologische Verfahren etabliert, die aber in Europa nur von wenigen Labors angeboten werden.



Therapie

Wegen der geringen Fallzahlen waren systematische Untersuchungen bisher nicht möglich. Zunächst waren unter der Vorstellung, Protozoen-wirksame Therapieregime zu finden, die bekannten Antimalariamittel versucht worden. Wegen erkennbarer Unwirksamkeit wurden diese bald wieder aufgegeben. Schließlich wurde die Kombination von Clindamycin mit Chinin etabliert, die zumindest zu einer signifikanten Reduktion der Erregerzahlen geführt hat. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, daß Chinin in vitro zumindest gegen B. divergens unwirksam ist, so daß man den Therapieerfolg bestenfalls dem Clindamycin zuschreiben kann. Brasseur zeigte, daß in vitro ("im Reagenzglas " ) als einziges Antimalariamittel das relativ neue Atovaquon wirksam ist, wodurch sich eine therapeutische Alternative abzeichnet.

In der Veterinärmedizin wird mit gutem Erfolg zur Therapie bei Rindern Imidocarb eingesetzt. Dieses Mittel ist für die Behandlung von Menschen nicht zugelassen. Als ultima ratio wurden bisweilen auch Austausch-Transfusionen versucht, die manche Autoren bei mehr als 50% infizierten Erythrozyten heute noch für indiziert halten. Wichtig erscheint der Hinweis, daß auch bei regelrechter Therapie der Erreger ohne klinische Symptome über Monate bis Jahre persistieren kann, was vor allem Konsequenzen für die Verwendung von Blutprodukten haben sollte.

Eine Impfung wird in der Veterinärmedizin erprobt, die abschließende Beurteilung ist sicherlich erst in einigen Jahren möglich.
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