17.07.2007, 19:48
Erste Hilfe bei Hufrehe.
Um es Vorweg zu nehmen. Dies ist keine wissenschaftliche Abhandlung. Es soll nur erstmals Betroffene eine Hilfestellung sein und einen kleinen Leitfaden bieten was zu tun ist. Dieser Leitfaden wurde bewusst verständlich gehalten und alles sehr vereinfacht dargestellt.
Was ist Hufrehe?
Hufrehe ist eine akute Entzündung im Huf, die sehr große Schmerzen auslöst und unbehandelt im schlimmsten Fall zum Ausschuhen (Verlust der gesamten Hornkapsel) führen kann. Durch verschiedene Mechanismen (Durchblutungsstörungen, oder Enzyminduktion) löst sich die Lederhaut. Der Knochenapparat hat keinen genügenden Halt mehr und es kommt häufig zu Hufbeinsenkung- und rotation.
Wie erkenne ich Hufrehe?
Erkennen lässt es sich im akuten Zustand vielfach an der typischen Beinstellung und den Bewegungen. Das Pferd versucht dem Schmerz „auszuweichen“. Es steht in vielen Fällen mit den Vorderbeinen nach vorne gestreckt, es läuft staksig und Wendungen bereiten ihm sichtlich Schmerzen. Es belastet die Hufe abwechselnd. Die Hufe sind deutlich erwärmt. Weiteren Aufschluss über den Schweregrad der Erkrankung können nur Röntgenbilder geben, da Pferde/Ponys ein sehr unterschiedliches Schmerzempfinden haben.
Was ist als erstes zu tun?
Sofortmaßnahmen:
1. Bei den ersten Anzeichen das Pferd in die Box bringen und möglichst ruhig halten. Wenn es vor Schmerzen liegt - liegen lassen.
Die Box sollte dick eingestreut sein, wenn möglich mit Späne.
2. Sofort den Tierarzt rufen, damit Schmerzmittel und Entzündungshemmer gegeben und weitere Maßnahmen (z.B. Aderlaß) eingeleitet werden können. Röntgenbilder sind ein Muß! Frag den Arzt nach einem mobilen Röntgengerät!
3. Bis zu Eintreffen des Tierarztes betroffene Beine und Hufe kühlen. Am besten in Eiswasser, welches die Entwicklung der Hufrehe stoppen kann.
Ansonsten zur Linderung der Schmerzen in fließendem, kaltem Wasser, mit Angussbandagen oder kühlenden Gels. Am besten bewährt haben sich Eisbeuteltüten, die direkt um den Huf gewickelt werden.
Was kann ich nach dem Tierarztbesuch tun?
1. Weiter ruhig halten und nach Anweisung des Tierarztes behandeln.
2. Beine und Hufe kühlen.
3. Röntgenbilder machen lassen
4. Hufschmied rufen und die Hufe behandeln lassen.
5. Das Pferd sollte nur eingeweichtes Heu bekommen (1,5kg pro 100kg Zielgewicht). Eingeweicht heißt: das Heu in einem Netz oder Korb für mindestens 1 Stunde im Wasser lassen. Danach herausnehmen, abtropfen lassen und verfüttern. (bei warmer Witterung wichtig, da das Heu sonst anfängt zu gären)
6. Kein Kraftfutter, kein Gras, keine Möhren, kein Brot und keine Äpfel.
7. Solange das Pferd/Pony unter Schmerzmitteln (jeglicher Art) steht, keine Bewegung. Erst nach dem Absetzen des Medikamentes auf einen weichen Paddock stellen.
Was muss ich nach dem akuten Schub tun?
Hier beginnt jetzt zeitgleich die Genesungsphase und die Ursachenforschung in Zusammenarbeit mit dem Tierarzt und Hufschmied.
Auch hier sind Röntgenbilder unerlässlich, da der Hufschmied sie dringend benötigt um entsprechend die Hufe zu bearbeiten. Das heißt das vor jedem Schmiedbesuch idealerweise Röntgenbilder gefertigt werden sollten. Im Endeffekt spart dies Geld, da der Erfolg der Behandlung überwacht werden kann. Schlechte, fehlerhafte Hufbearbeitung (wie sie ohne Röntgenbilder viel zu oft vorkommt) zieht sekundäre Veränderungen am Hufbein mit sich, die nur operativ behandelbar wärem!!!
Genesungphase:
Futter:
Dem Pferd sollte bis zum Finden der Ursache nur eingeweichtes Heu und evt., melassefreie Rübenschnitzel gegeben werden, zusätzlich auch ein reines Mineralfutter und Bierhefe (ohne Treber). Beim Mineralfutter ist darauf zu achten, daß es einen möglichst geringen Anteil an Kohlenhydraten hat (keine Getreidebestandteile, Traubenzucker oder Melasse)
Pflege:
Solange die Hufe noch erwärmt sind, sollte man mit dem Kühlen fortfahren.
Regelmäßige Hufpflege durch den Hufschmied (min. alle 4 Wochen) ist unbedingt erforderlich.
Unterbringung:
Die Boxenruhe ist weiter einzuhalten bis das Pferd wieder relativ „normal“ läuft und auch Bewegung wünscht. Röntgenbilder sollten zu diesem Zeitpunkt gemacht werden. Beginnen sollte man dann ganz vorsichtig mit kurzen Spaziergängen. Möglichst auf weichem und ebenen Untergrund. Besser eigene ruhige Bewegungsmöglichkeiten, allgemein wird viel zu früh bewegt.
Ursachenforschung:
Das Pferd wird vermutlich Zeit seines Lebens anfällig sein für diese Erkrankung. Daher ist es wichtig die Ursachen zu finden und wenn möglich abzuschalten.
Nach heutigem Stand der Wissenschaft liegt bei Hufrehe eine Art Vergiftung vor. Es gibt die unterschiedlichsten Ursachen, aber bei allen (wie immer gibt es Ausnahmen, z.B. Belastungsrehe und Geburtsrehe) liegt der gemeinsame Nenner im Darm des Pferdes. Durch irgendeinen Auslöser sterben im Dickdarm die „guten“ rohfaserverdauenden Bakterien ab, werden abgebaut und setzen dadurch Giftstoffe (Endotoxine) frei, die als Auslöser für die Hufrehe verantwortlich gemacht werden. Die unerwünschten „schlechten“ kohlenhydratverarbeitenden Bakterien nehmen überhand, übersäuern den Dickdarm und verdrängen noch mehr die gewünschten Bakterien. Ein Teufelkreis von Fehlbesiedelung des Darmes beginnt.
Um diesen Ungleichgewicht wieder herzustellen ist die strenge Diät notwendig. Sie fördern die erwünschte Darmflora und steuert der Übersäuerung entgegen.
Nun gilt es den Auslöser zu finden, abzustellen oder zu behandeln.
Möglichkeiten:
1. Futter als Auslöser
a) Überfütterung; das Pferd hat zuviel oder das falsches futter gefressen, oder ist ausgebrochen und hat die Futterkammer geplündert. Normalerweise geht diese Art der Rehe mit Kolik oder Durchfall einher. Ein Tierarzt kann durch Medikamente oder im schlimmsten Fall auch mechanisch die Aufnahme dieser Stoffe verhindern.
b) Vergiftung, das Pferd hat z.B. giftige Pflanzen gefressen. z.B. Eicheln. Während Vergiftungen mit Pflanzen oft eine Kolik der Rehe vorrausgeht, ist eine vergiftung mit Selen ohne Kolik möglich.
d) Große Mengen kalten Wasser kann ebenfalls zu Hufrehe führen.
2. Erkrankungen als Auslöser (die häufigste Ursache):
Ist Fütterungrehe ausgeschlossen kann unter Umständen eine bis dahin unerkannte Stoffwechselerkrankung vorliegen.
Diese Erkrankungen haben mit einer entgleisung des Blutzuckers zu tun, z.B. eine Insulinresistenz.
a) Insulinresistenz tritt bei übergewichtigen Pferden, aber auch Pferden mit EMS und ECS auf.
b) Equines Metabolischen Syndrom (EMS). Diese Pferde sind von normaler Statur bis übergewichtig, haben aber spezifische Fettpolster, die oft als Muskeln mißgedeutet werden. Diese befinden sich am Hals `Hengsthals`, Schulter, zweigeteilter Po, um Schlauch und Euter. EMS ist eine genetische Prädisposition zur Insulinresistenz. Diese betrifft Araber, Kaltblüter, Ponys, insbesondere Welsh ponys, alle Pferde spanischer Abstammung, sowie Mischungen und Nachkommen dieser Rassen. Insulinresistenz wird durch mangelnde Bewegung (Pferd darf im Schub nicht bewegt werden) und fehlender Diät verschärft. Reheschübe treten häufig im Winter und Frühjahr auf. Diagnose mittels Glukosetoleranztest. Behandlung Diät, evt. Zimt. Derzeit keine medikamenöse Behandlung möglich.
c) Equines Cushing Syndrom (ECS). Sie geht mit verzoegertem Fellwechsel, großem Durst und regelmäßig wiederkehrenden Hufreheschüben (Herbst, Winter) zusammen. Die Pferde erscheinen bis auf die (bei EMS eklärten) Fettpolster oft mager, da die Muskelmasse abgebaut wird, mit Senkrücken und Hängebauch. Diagnose mittels Dexamethasontest und ACTH untersuchung, Behandlung mit Pergolid unter anderem.
d) Kreuzverschlag. PSSM, EPSM hängen mit einer zu schnellen Aufnahme des Zuckers in die Muskelzellen zusammen. Diagnose mittels Muskelbiopsie. Behandlung: Lebenslange Diät.
e) Colitis X, zieht häufig eine Rehen nach sich. Ebenso kann es nach Koliken zu Rehen kommen.
3. Medikamente als Auslöser
Es wurde aufgrund einer anderen Erkrankung Medikamente gegeben, die ebenfalls eine Fehlbesiedelung des Darms begünstigen können, z.B. Antibiotika bzw., den Hormonhaushalt durcheinanderbringen. z.B. Cortison
4. Belastungsrehe
Hat das Pferd ein Verletzung an einem Bein kann es am gegenüberliegenden Bein zu einer Belastungsrehe kommen. Der betroffenen Hufe ist überbeansprucht.
5. Pflasterrehe Wurde das Pferd auf hartem Boden übermäßig gefordert (kommerzielle Kutschpferde) kann es zu einer Pflasterrehe kommen. Die betroffenen Hufe sind überbeansprucht.
6. Geburtsrehe
Tritt unmittelbar nach einer Geburt auf. Dabei sind Reste der Nachgeburt nicht abgegangen und es werden ebenfalls Endotoxine freigesetzt.
Die Suche nach den Ursachen und Auslösern ist mühsam und langwierig. Es bleibt häufig nichts anderes übrig, als nach dem Ausschlussverfahren vorzugehen. Es sollte aber zum Wohle des Pferdes unbedingt gemacht werden und verhindert viel Leid und Schmerzen auf beiden Seiten.
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Weniger ist mehr!!!!
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(c) Eine Gemeinschaftsproduktion von DiskuTier, Eddi und Friesin
20.05.2008, 13:13
Das sind wirklich tolle Tips zum Thema Hufrehe.
Es gibt jetzt auch ganz neu eine "Hufbadewanne" für Pferde.
Näheres unter
http://www.hufpool.deWir haben einen Hufpool im Stall und sind sehr zufrieden damit.